Vierteljahreshefte für die Erneuerung und Einheit der Kirche

Kategorie: Quatember-Text

3-2025 | Transparenz

Der byzantinische Bilderstreit im 8. und 9. Jahrhundert findet eine Lösung in der Christologie: Der unsichtbare Gott ist durch seine Inkarnation in Christus sichtbar geworden. Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes (Kol. 1,15). Was aber sichtbar geworden ist, kann auch dargestellt werden. Das Bild des Heiligen gilt als ein Fenster zur Ewigkeit. Vor dem Goldgrund der Ikone sieht der Dargestellte den Betrachter an, die Ikone erscheint so als ein Medium. Nicht die Ikone wird verehrt, sondern der Dargestellte. Damit verbindet sich der Gedanke, dass der Gläubige selbst zu einer Ikone Christi werden solle (vgl. 2. Kor. 4,6). Christi Liebe und Barmherzigkeit, Versöhnung und Frieden sollen in Wort und Werk des Christen offenbar werden, eine Transparenz zur Transzendenz. Darüber hinaus ist es gerade der Weg der Mystik, im gesamten Werk der Schöpfung und auf den Wegen des Lebens das durchscheinen göttlichen Lichtes im Widerschein der vergänglichen Wesen und Dinge zu erkennen.
Das Quatember-Heft unter dem Thema »Transzendenz« widmet sich vor allem Person und Werk des Theologen und Goldschmieds Josua Boesch (1922–2012). Während Christoph Petau sich der Beziehung von Transzendenz und Transparenz mit einem besonderen Bezug zum Nicaenum beschäftigt, führt Reto Müller direkt zum Thema Boesch. Sein Vortrag eröffnete eine Boesch-Ausstellung im Berneuchener Haus Kloster Kirchberg. Die Predigt von Sabine Beyreuther zum Sonntag Judica steht ebenfalls zu
dieser Ausstellung in direktem Bezug. Samuel Jakob widmet sich Boeschs Friedensikone. Eine weitere Ikone, den Heilenden Einbruch, betrachtet Dietlind Schaale. Ulrich Koring beschreibt die Beziehung von Wort und Bild in den sprechenden Ikonen. Walter Wickihalder stellt seine persönliche Begegnung mit Josua Boesch und deren Nachwirkung dar. Karl Flückiger beschreibt Entstehung und Wirken des Josua-Boesch-Vereins. In einem letzten Aufsatz widmet sich Manuel Zahn dem Gottesdienst als einem Gesamtkunstwerk, in das viele einzelne Künste einfließen.

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2-2025 | Nicaea

Das erste ökumenische Konzil tagte im Jahr 325, also vor 1700 Jahren. Einberufen von Kaiser Konstantin, sollte es sich vor allem der
Christologie und der Bekämpfung des Arianismus widmen. Mehr als zweihundert, möglicherweise sogar mehr als dreihundert Bischöfe kamen in Nicaea zusammen. Die Ergebnisse des Lehrstreites wurden in den Canones der Synode festgehalten und im Bekenntnis von Nicaea formuliert, das im folgenden ökumenischen Konzil in Konstantinopel (381) seine endgültige Form erhielt. Wir nennen es daher Nicaenoonstantinopolitanum. In dieser Form ist das Bekenntnis bis heute in den meisten christlichen Kirchen anerkannt und verbindet sie so in ökumenischer Weite.
In der Geschichte der alten und frühmittelalterlichen Kirche folgten die Konzilien von Ephesus (431), Chalzedon (451), Konstantinopel (553 und 680) sowie Nicaea (787). Natürlich gab es noch viele andere Versammlungen der Kirche zu Lehr- und Lebensfragen. Dennoch zählt die Tradition diese sieben Konzilien als die »ökumenischen Konzilien«. Melanchthon konnte sich auf die Ökumenizität dieser Konzilien berufen und führt etwa in seiner Schrift »Von der Gewalt und Oberkeit des Papsts, durch die Gelehrten zusammengezogen zu Schmalkalden« (1537) die Canones von Nicaea als Aussagen gegen den päpstlichen Primat an.
Das Gedenken an das Konzil von Nicaea und sein die Konfessionen überspannendes Bekenntnis fordert auch in der Gegenwart zur Standortbestimmung heraus. Wo stehen wir als Kirche und in der Gemeinschaft der Kirchen? Welche theologischen Fragen sind in unserer Zeit zu bedenken? Wo können wir aus den Traditionen lernen und wo müssen wir kritisch mit ihnen umgehen?
Diese Ausgabe von Quatember widmet sich dem Gedenken an Nicaea, schaut aber auch in die Kirche und Gesellschaft unserer Gegenwart. Der Rostocker Kirchenhistoriker Thomas Hahn-Bruckart gibt einen differenzierten, auch für den Nichttheologen verständlichen Einblick in die theologischen Entwicklungen, die zum Konzil von Nicaea führten, und beschreibt dessen Ergebnisse. Von Dr. Stefan Wick, dem Ökumenereferenten des Bistums Fulda, stammt eine Antiphon zum Christus-Hymnus des Kolosserbriefs und das auf das Niacaea-Jubiläum bezogene Gebet.

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1-2025 | Schmerz

Die Schmerzen sind es, die ich zu Hilfe rufe, denn sie sind Freunde, Gutes raten sie. (Goethe)
Luftalarm im ganzen Land als stellten sie jedes Mal alle an die Wand zielen aber nur auf einen von denen zumeist, die an den Rändern stehen Heute bist das nicht du, Entwarnung kannst gehen (Viktorija Amelina)
Der Text der ukrainischen Dichterin Viktorija Amelina erscheint vor einem völlig anderen Hintergrund als der abgeklärte Umgang mit dem Schmerz, den Goethe beschreibt. Sie drückt einen Schmerz aus, der so weit entfernt und doch so bedrohlich nah erscheint: die stete Gefährdung der Existenz durch einen gnadenlosen Aggressor, die Angst, beim nächsten Angriff einen geliebten Menschen zu verlieren oder selbst zum Opfer zu werden, tot oder verstümmelt. Resignation klingt an in den Schlussworten ihres Gedichtes. Die »Zeitenwende« hat Europa und der ganzen westlichen Welt die Fragilität ihrer vermeintlichen Sicherheit vor Augen geführt. Rasant verändern sich viele Verhältnisse, die Konsequenzen sind noch nicht absehbar. Da ist die Angst vor dem kommenden Schmerz des Verlustes von gewohnten Verhältnissen, des Zerbrechens eines bewährten Lebensrahmens. Das sind Gedanken, die wir nicht mehr nötig zu haben glaubten, und die Erinnerung an Erich Kästners Worte steht nahe: »Wird‘s besser? Wird’s schlimmer? fragt man alljährlich. Aber seien wir ehrlich: Leben ist immer lebensgefährlich«. ….

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4-2024 | Erneuerung

»Lies zuerst das Buch des Mönches Nikephoros …, dann lies das
gesamte Buch Gregors vom Sinai mit Ausnahme der kurzen Kapitel,
dann lies die Ausführungen des Symeon, des Neuen Theologen, über
die drei Arten des Gebetes und seine Schrift über den Glauben, und
anschließend lies das Buch des Kallistos und Ignatios. Das Werk
dieser Väter enthält sämtliche Anweisungen und die Lehre vom
inneren Herzensgebet und kann von allen verstanden werden.«
So beginnt die Schriftensammlung, die unter dem Namen »Philokalie
« überliefert ist.1 Bekannt wurde sie besonders durch
die »Aufrichtige[n] Erzählungen eines russischen Pilgers«2, die
Schrift eines unbekannten russischen Autors aus der Mitte des
19. Jahrhunderts, die erstaunlich schnell und in großem Umfang
rezipiert wurde. Es geht um die Schriften, die Worte geistlicher
Väter, die weitergegeben werden, um zu Taten zu werden und

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3-2024 | Meditation

»Lies zuerst das Buch des Mönches Nikephoros …, dann lies das
gesamte Buch Gregors vom Sinai mit Ausnahme der kurzen Kapitel,
dann lies die Ausführungen des Symeon, des Neuen Theologen, über
die drei Arten des Gebetes und seine Schrift über den Glauben, und
anschließend lies das Buch des Kallistos und Ignatios. Das Werk
dieser Väter enthält sämtliche Anweisungen und die Lehre vom
inneren Herzensgebet und kann von allen verstanden werden.«
So beginnt die Schriftensammlung, die unter dem Namen »Philokalie
« überliefert ist.1 Bekannt wurde sie besonders durch
die »Aufrichtige[n] Erzählungen eines russischen Pilgers«2, die
Schrift eines unbekannten russischen Autors aus der Mitte des
19. Jahrhunderts, die erstaunlich schnell und in großem Umfang
rezipiert wurde. Es geht um die Schriften, die Worte geistlicher
Väter, die weitergegeben werden, um zu Taten zu werden und

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2-2024 | »Sag mir ein Wort.« Geistliche Mütter und Väter

»Lies zuerst das Buch des Mönches Nikephoros …, dann lies das
gesamte Buch Gregors vom Sinai mit Ausnahme der kurzen Kapitel,
dann lies die Ausführungen des Symeon, des Neuen Theologen, über
die drei Arten des Gebetes und seine Schrift über den Glauben, und
anschließend lies das Buch des Kallistos und Ignatios. Das Werk
dieser Väter enthält sämtliche Anweisungen und die Lehre vom
inneren Herzensgebet und kann von allen verstanden werden.«
So beginnt die Schriftensammlung, die unter dem Namen »Philokalie
« überliefert ist.1 Bekannt wurde sie besonders durch
die »Aufrichtige[n] Erzählungen eines russischen Pilgers«2, die
Schrift eines unbekannten russischen Autors aus der Mitte des
19. Jahrhunderts, die erstaunlich schnell und in großem Umfang
rezipiert wurde. Es geht um die Schriften, die Worte geistlicher
Väter, die weitergegeben werden, um zu Taten zu werden und

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1-2024 | Ehrfurcht

Geist ist wohltätig und edel nur im Gehorsam gegen die Wahrheit;
sobald er sie verrät, sobald er die Ehrfurcht ablegt, käuflich und
biegsam wird, ist er das Teuflische in Potenz, ist sehr viel schlimmer
als die animalische, triebhafte Bestialität, welche immer noch etwas
von der Unschuld der Natur behält.
Hermann Hesse

Geht uns die Ehrfurcht verloren? Menschen ziehen sich aus den
Internetverbindungen der sozialen Medien zurück, weil sie die
Häme und Aggressivität scheuen, die aus der Anonymität der Nutzer
offen zutage tritt. Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei und
medizinischen Diensten werden auf offener Straße beschimpft
oder sogar tätlich angegriffen, während sie Menschen zu Hilfe
kommen wollen. Politische Auseinandersetzungen und…

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4-2023 | Krisen

Essay
Her mann Michael Niemann: Wo ist Gott in Krisen? Alttestamentliche Spurensuche
Ge rhard Sauter: Die Bitte »Dein Reich komme!« in der Krise
Marco Hofheinz: Theologie für die Krise?
Tho mas Martin Schneider: Evangelische Kirche in der Krise?!
Thomas Thiel: Krisen fallen vom Himmel
Chr istian Schmidt: Kirchliche Gemeinschaften und politischer Populismus […]

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3-2023 | Europa ohne Seele

»Alles wird anders und nichts ändert sich.« So könnte man ein grundlegendes Lebensgefühl unserer Zeit zusammenfassen. Rasend schneller Wandel in technologischer, kultureller und politischer Hinsicht – und dies verbunden mit dem Eindruck,[…]

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2-2023 | Lebensmitte

»Alles wird anders und nichts ändert sich.« So könnte man ein grundlegendes Lebensgefühl unserer Zeit zusammenfassen. Rasend schneller Wandel in technologischer, kultureller und politischer Hinsicht – und dies verbunden mit dem Eindruck,[…]

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Quatember Archiv

Hier finden Sie eine Übersicht älterer Ausgaben von Quatember.

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